Rafael D. Trope (2020)
„Verflixt!“
„Was ist?“
„Dieser Stuhl!“
„Unbequem? Hab ich dir doch gesagt!“
„Im Gegensatz zu deinem hat meiner wenigstens Stil!“
„Einen unbequemen Stil!“
„Er ist modern, im Industrial-Styl!“
„Und unbequem.“
„Er passt perfekt zu mir und meinem geschmackvollen Stil!“
„Und bleibt unbequem.“
„Du hast gut reden in deinem alten Sessel!“
„Alt, aber bequem.“
„Sieht eher aus, wie ein Oma-Sofa.“
„Und ist bequem.“
„Und der Stoffbezug, ganz aus der Zeit gefallen.“
„Und bequem.“
„Ich könnte auf sowas nicht sitzen.“
„Dann sitz eben weiter unbequem.“
„Ich halt das nicht mehr aus!“
„Jetzt hör auf rumzuzappeln. Davon wird es auch nicht besser.“
„Besser rum zappeln, als die weiße Wand anstarren, so wie du gerade!“
„Ich starre nicht!“
„Was dann? Wären deine Blick Nägel, die Wand wäre übersät damit.“
„Ich denke nach.“
„Worüber, denn?“
„Wie ich sie aufhängen soll.“
„Was?“
„Na, die Bilder“
„Bitte? Die drei da in der Ecke? Die sehen ja aus, wie der Einheitsbrei aus einem billigen Möbelhaus. Die willst du doch hier nicht ernsthaft an die Wand hängen!“
„Doch, die passen perfekt!“
„Nicht zu meinem Stuhl!“
„Nicht zu deinem unbequemen Stuhl, aber zu meinem sehr bequemen Sessel. Hilfst du mir?“
„Auf keinen Fall. Die kannst du selber aufhängen. Ich unterstütze doch nicht auch noch deinen überholten Einrichtungsstil.“
„Er ist nicht überholt, er ist zeitlos.“
„Er IST überholt und langweilig und hat keinerlei Potential.“
„Er hat Potential, dieses Zimmer hier bequem und gemütlich einzurichten, also hör auf rumzumäkeln.“
„Ich mäkle nicht rum, ich versuche dir nur Stil beizubringen.“
„Ich habe Stil.“
„Ja, den von gestern!“
„Er passt ins Heute und…“
„Bitte sag’s nicht!“
„…ist bequem.“
„Ich gebe auf!“
„Gut so, ich häng jetzt die Bilder auf! Wenn schon kein Fenster in diesem Zimmer ist, dann wenigstens schöne Bilder an der Wand und darunter kommt dann die Sitzbank!“
„Die bequeme Sitzbank nicht wahr und davor doch sicherlich den bequemen Tisch, dann noch deinen bequemen Sessel dazu und schon bist du restlos glücklich!“
„Höre auf mich nachzuäffen und fang lieber an mir zu helfen sonst schaffen wir das heute nicht mehr!“
„Wenn der Tisch wenigstens eine moderne Glasplatte hätte.“
„Unpraktisch!“
„Aber ein Lichtblick in diesem Einheitsbrei hier!“
„Na gut, dann lass ich dich sie putzen.“
„Putzen sagst du? Hatten wir uns nicht darauf verständigt, eine Reinigungskraft anzustellen? So macht man das heute!“
„Wenn du das Geld neben Miete, Unterhalt und Nebenkosten aufbringen kannst, gerne“
„Man, was kümmern mich die Ausgaben von heute im Vergleich zu etwas Komfort im Morgen.“
„Dass man Ihn erst einmal verdienen muss!“
„Dafür hab ich doch dich!“
„Sehr witzig! Los jetzt, wenn du mir schon nicht mit den Bildern helfen willst, dann roll wenigstens den Teppich hier aus!“
„Spinnst du? Einen Teppich? Hier, auf dem schönen schwarzen Dielenboden? Der ist doch das einzig Moderne in diesem Zimmer neben meinem Designerstuhl und du willst ihn mit diesem verwaschenen Teppich zudecken! Kommt gar nicht in Frage, den Teppich kannst du meinetwegen Ihr schenken! Der passt perfekt zu ihrem abgetragenen Strickjäckchen!“
„Lass sie in Ruhe und hack nicht auf ihr rum!“
„Siehst du denn nicht, wie sie uns schon die ganze Zeit über anstarrt?“
„Sie starrt dich nicht an, du starrst Sie an!“
„Wen wundert’s, die ist ja wie ein Autounfall. Da kann man gar nicht anders als hinstarren.“
„Du bist gemein!“
„Ich bin ehrlich!“
„Was stört dich so an ihr?“
„Abgesehen von ihrem mottenzerfressenen Strick-Cadigan und ihrem Starren?“
„Sie starrt nicht.“
„Tut sie wohl, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt ist irgendwelche Sachen von Links nach Rechts zu schlichten. Warum macht sie nicht einfach die Türe zu Ihrem Zimmer zu?“
„Vielleicht will sie ja, dass wir zu ihr rüber gehen und ihr helfen?“
„Bitte wie? Da rüber gehen! Spinnst du? Nie im Leben. Wie es da drinnen aussieht! Die ist sicher ein Messi, all die verrotteten Sachen, die alten Bücher in den modrigen, deckenhohen Regalen, all die abgetragenen Klamotten in den wackligen Kleiderschränken und selbst bei denen sind die Schranktüren offen. Und dann der Tisch erst, auf dem sich das ganze vergilbte Papier stapelt. Was ist das überhaupt? Alte Briefe oder Notizen, etwa? Müll, alles Müll!“
„Sie räumt auf, das siehst du doch!“
„Sie räumt nicht auf! Sie türmt bloß alles aufeinander und überall hin, drum muss sie ja auch auf dem Boden sitzen, weil sogar auf dem wurmstichigen Sessel und dem abgesessenen Kanapee alles zugedeckt ist.“
„Jetzt krieg dich wieder ein. Sie sucht vielleicht nur etwas.“
„Sicher sich selbst!“
„Jetzt ist aber Schluss! Wenn du sie nicht erträgst, dann verschwinde doch einfach von hier! Ich komme gut ohne dich klar!“
„Das mach ich auch. Ich wäre schon längst weg, wenn du mir den Schlüssel geben würdest!“
„Welchen Schlüssel, bitte?“
„Na den für die Türe da drüben!“
„Die ist verschlossen? Bist du dir sicher?“
„Nöööö, die ist nicht verschlossen, das hab ich nicht gecheckt. Ich sitz hier nur zum Spass rum, weil du mir so ans Herz gewachsen bist. Natürlich ist die verschlossen und du hast den Schlüssel, weil ich hab ihn nicht!“
„Ich auch nicht!“
„Du willst mir aber jetzt nicht einreden, dass du den Schlüssel nicht gefunden, nachdem du hier gerade eben noch alles inspiziert hast?“
„Hey, ich hab mich darauf konzentriert, all die Sachen reinzuschleppen, damit es hier mal langsam wohnlich wird, während du nur deinen doofen Designerstuhl aufgestellt hast.“
„Deine faden Sachen!“
„Deinen unbequemen Stuhl, setz dich doch gerne wieder und mach’s dir bequem!“
„Ich will durch diese Tür da, schon vergessen?“
„Die verschlossen ist?“
„Ja, weil du den Schlüssel versteckt hast! Sicher in einen dieser tausend Taschen deines old-school Handwerker-Overalls, den du da trägst.“
„Der ist wenigstens praktisch im Gegensatz zu deiner schicky-micky Marken-Jeans, in der du aussiehst, wie hineingeschossen!“
„He, das nennt sich slim-fit und betont meine athletische Figur!“
„Und dein T-Shirt ist sicher muscle-fit nur bei dir leider ohne muscle!“
„Besser als einen Kartoffelsack anhaben!“
„Der praktische Taschen hat, in die alles rein passt, was ich so brauche. Deine Fashion-Styl Kluft hat ja nicht mal welche.“
„Wozu brauch ich Taschen?“
„Na. Vielleicht um einen Schlüssel darin aufzubewahren oder deine Brieftasche.“
„Pffft, Das Einzige was ich brauche ist mein pay-chip und der passt überall rein.“
„Ja, in der Tat, sogar in deine Arschritze oder deine Unterhose, oh, sorry sehe gerade, dass du unter deinem Slim-Fit ja gar keine an hast.“
„Hör auf über meinen Mode-Stil zu pöbeln, gib mir lieber den Schlüssel. Der kann ja nicht so schwer zu finden sein. In diesem Zimmer ist ja kaum was, außer deinen Sachen und der Kommode mit den leeren Schubladen und der offenen Türe da zu unserem Messi und, oh…. Warte mal! Sie hat ihn!“
„Wie kommst du jetzt da drauf?“
„Na, weil sie schon da war als wir ankamen. Für sie Zeit genug, ihn zu stehlen, verstehst du nicht?“
„Mach dich nicht lächerlich! Was hätte sie davon?“
„Sie will uns hier festhalten, das war von Anfang an ihr Plan.“
„Ihr Plan? Kannst du jetzt schon ihre Gedanken lesen?“
„Kann ich nicht und bei Ihr will ich es auch gar nicht wollen. Sieht in ihrem Kopf sicher noch schlimmer aus, als in ihrem Zimmer.“
„Was willst du dann?“
„Durch diese Tür! Bist du wirklich so begriffsstutzig?“
„Die ist aber zu und hier gibt es noch genug zu tun!“
„Nicht für mich.“
„Herrgott noch mal, was zieht dich denn gar so da hinein? Was erwartest du denn jenseits von dieser Türe zu finden, ha?“
„Na für den Anfang mal ein schöneres Zimmer!“
„Das kannst du doch gar nicht wissen!“
„Aber hoffen kann ich! Das Unbekannte reizt mich halt!“
„Und wenn es hässlich ist?“
„Was kann öder sein als dieses Zimmer hier?“
„Dieses hier ist nicht öde, nur noch nicht fertig eingerichtet, und das liegt vorrangig an dir, weil du mir nicht helfen willst!“
„Ich rühre deine Sachen nicht an!“
„Und ich nicht deine.“
„Würde ich dir auch nicht raten!“
„Was ist das eigentlich, was du da noch mit angeschleppt hast. Sieht aus, wie ein hässlicher Fisch!“
„Das ist kein hässlicher Fisch, das ist Kunst und davon verstehst du nichts!“
„Sieht für mich trotzdem aus, wie ein hässlicher Fisch mit den ganzen Stacheln da und dem aufgerissenen Maul. Wie eines dieser Tiefseemonster. Keine Ahnung, was dir daran gefällt.“
„Nochmal, das ist kein Fisch und auch keine Stacheln und schon gar kein Tiefseemonster. Das ist eine Bronze-Statue, die das Leben symbolisiert, machmal ist es stachelig und machmal versucht es uns zu verschlingen aber immer ist es spannend und unvorhersehbar. Und es ist der Fantasie überlassen, was man darin sehen will und daher ist es auch ein Kunstwerk“
„Und ich seh’ darin einen toten, hässlichen Fisch!“
„Ich gebe auf! Dann häng wenigstens meine Leuchte auf!“
„Welche Leuchte!“
„Bist du blind! Die neben der Statue.“
„Das Ding neben dem toten Fisch ist eine Lampe?“
„Leuchte, Lampe ist, was du in die Fassung schraubst!“
„Besserwisserischer Armleuchter!“
„Fantasiebefreiter Kunstbanause!“
„Die sieht aus, wie ein Spinnennetz!“
„Dann häng sie eben in die Ecke über der Sitzbank!“
„Bist du verrückt! Ich setz mich doch nicht unter ein riesiges Spinnennetz. Da krieg ich ja Paranoia mit all den Fäden da!“
„Das sind keine Fäden sondern silbrige Leitungsdrähte, an denen du die vielfarbigen Lampen dran klippen kannst und im übrigen, diese Fäden, wie du sie so abfällig nennst, stellen die vielen Pfade deines Lebens dar, die du beschreiten kannst, um auf ihnen vorwärts zu kommen.“
„Lass mich raten! Sicher auch ein Kunstwerk!“
„Ja, ganz genau!“
„Und sicher vom selben kranken Geist erdacht, wie dein toter Fisch!“
„Aus, Schluss, ich halt das mit dir nicht mehr aus. Du verstehst mich ja eh nicht. Gib mir einfach den verdammten Schlüssel und dann bin ich auch schon weg und…..oh!“
„Was, oh!“
„Da ist er ja!“
„Wer?“
„Na der Schlüssel! Ich habe ihn die ganze Zeit über in meiner Hand gehalten. Seltsam.“
„Wie bitte? Echt jetzt! Und mich quälst du und sie verdächtigst du, sie hätte ihn gestohlen? Dabei hast du ihn die ganze Zeit gehabt?“
„Hm.“
„Was, hm! Eine Entschuldigung bei mir und noch viel mehr bei ihr, wäre jetzt eher angebracht als dein dämliches hm!“
„Er ist so groß und so ungewöhnlich schwer!“
„Ja und kaum zu glauben, dass er in deiner Hand ist während du mit mir endlos diskutierst, wo er noch versteckt sein könnte.“
„Ich kann ihn nicht mitnehmen, der passt ja in keine Tasche!“
„Die du im Übrigen eh nicht hast! Soll ich dir etwa meinen old-school Overall borgen?“
„Scherzkeks! Ich lass ihn einfach stecken. Man sieht sich.“
„He, und was wird aus dem Zimmer?“
„Du machst das schon, hast du immer schon gemacht. Ich muss weg!“
„Wohin?“
„Ins Morgen, ins Unbekannte, neue Dinge entdecken, such dir was aus. Für’s Erste aber mal durch diese Türe da.“
„Echt jetzt? Du verschwindest einfach so. He, lass wenigstens die Türe offen! Hast du nicht gehört!“
„Lass ihn. Er war schon immer so.“
„He, was willst du jetzt auf einmal in deinem Strickjäckchen. Du kennst ihn doch überhaupt nicht!“
„Ich kenne ihn besser als du denkst.“
„Ach, aber ich kenne dich nicht!“
„Noch nicht. Komm, ich helfe dir an seiner Stelle das Zimmer einzurichten. Ich kann mich noch gut daran erinnern wie es früher ausgesehen hat.“
„Früher? Du hast hier gewohnt?“
„Ja klar doch und ich habe es für euch ausgeräumt, damit ihr es selber einrichten könnt, so wie es euch gefällt.“
„Bist du der Vermieter?“
„Nein, aber ich habe die Anzeige aufgegeben.“
„Na sowas, da war aber von drei Zimmern die Rede. Ich seh’ hier nur zwei und in einem davon scheinst ja du zu wohnen.“
„Ja, das dritte erkundet er gerade.“
„Richtig und wer weiß, was er darin alles anstellt. Sicher noch mehr tote Fische und Spinnennetze! Ich glaube ich sollte hinterher.“
„Nein, sollst du nicht. Dein Platz ist hier.“
„Aber was, wenn er alles kaputt macht?“
„Wird er nicht, vertrau mir!“
„ Woher willst du das wissen?“
„Wie gesagt ich kenne ihn und er macht schon nichts Unüberlegtes. Schließlich ist er ja gut vorbereitet.“
„Vorbereitet? Bitte wer hat ihn vorbereitet.“
„Na wir. Hier nimm den Karton.“
„Was soll ich jetzt mit dem Karton und was ist da überhaupt drin?“
„Ich habe ein paar wichtige Dinge rausgesucht.“
„Wichtige Dinge?“
„Du wolltest doch ein gemütliches Zimmer haben und diese Dinge gehören nun mal dazu. Ich brauche sie nicht mehr.“
„Was sollte ich jetzt damit?“
„Nicht du aber er, wenn er zurückkommt.“
„Er? Der kauft gerade hässliche Fische und kommt sicher nicht mehr zurück.“
„Sie kommen immer zurück!“
„Sie?“
„Ja, er kommt nie allein zurück. Komm jetzt, fass mit an, der Karton ist schwer.“
„Du, ich schlepp jetzt nicht noch deinen ausgemusterten Kram hier rein, nur damit du, bei dir da drüben wieder Platz hast, ihn mit deinem Krimskrams vollzustellen, der sich in deinem Zimmer auftürmt.“
„Du hast Recht. Es hat sich eine Menge angesammelt und je mehr ich versuche aufzuräumen, desto mehr finde ich und ich kann mich einfach von nichts trennen.“
„Dann schmeiß doch einfach weg, was du nicht brauchen kannst.“
„Das geht nicht!“
„Weshalb nicht.“
„Weil die Sachen nicht mir alleine gehören, darum“
„Alleine? Wohnt da noch wer bei dir in deinem Zimmer?“
„Noch nicht, aber bald, ist schon fast Zeit für sie. Darum hab ich ja diesen Karton gepackt.“
„Sie? Nochmal und im Ernst. Was ist da so wichtiges drin in dem Karton, dass er in mein Zimmer muss?“
„Erinnerungen und Erfahrungen, die besten und schönsten Einrichtungsgegenstände für dieses besondere Zimmer, das du deines nennst.“
„Was, bitte schön, ist daran so besonders?“
„Na es ist hier und im Jetzt.“
„Ahh, jetzt hab’ ich’s begriffen und du bist von gestern, soweit alles klar.“
„Du hast es erfasst und genau deshalb ist es wichtig, dass dieses Zimmer fertig wird, damit es weitergehen kann, wenn die beiden ankommen.“
„Weitergehen? Was bitte soll weitergehen? Du machst mich wahnsinnig mit deinem kryptischen Gelaber. Zuerst faselst du was von, wir haben ihn gut vorbereitet oder so. Was meintest du eigentlich damit?“
„Er steht auf unseren Schultern, er hat alles von uns und das meiste und vor allem wichtigste steckt in diesem Karton. Du gibst ihn immer weiter, nimmst eine bisschen was heraus, um dein Zimmer einzurichten, sortierst ihn dann immer neu, so wie ich eben in meinem Zimmer, aber du gibst auch jedesmal viel von dir selbst wieder hinein und mit der Zeit wird er immer voller und schwerer und wichtiger, weil er zu all dem wird, was IHM Führung geben wird und Halt und machmal auch Warnung. Weil wir so sorgfältig und mit Voraussicht ihm all diese wichtigen Dinge mitgegeben haben, ist er eben gut vorbereitet und genau deshalb bin ich mir auch so sicher, dass er da in diesem neuen Zimmer keinen Blödsinn anstellen wird. Es wird Zeit für uns, dein Zimmer ist fast fertig.“
„Wer bist du?“
„Das fragst du mich? Du ahnst es doch längst, sehe ich doch die Erkenntnis schon in deinen Augenwinkeln blitzen. Viel wichtiger aber ist, weißt du schon wer du bist?“
„Ich? Ja, wer bin ich? Seltsam, dass ausgerechnet du mich das fragst. Ich sehe mich in diesem schönen Zimmer um und alles ist jetzt an seinem Platz, da wo es hingehört. Selbst die Kommode da, mit den kunstvollen Schnitzereien und den Einlegearbeiten, die mir vorher nicht aufgefallen sind. Ich weiß jetzt, dass selbst die Schubladen darin nicht mehr leer sind. Und da, der Schrank, das Bücherregal und selbst die drei Bilder hängen an der Wand neben der Uhr, deren Zeiger stehen geblieben sind. Es ist so gemütlich hier, es lädt zum Bleiben ein.
Ja, du hast Recht, jetzt weiß ich, wer ich bin.“
„Du bist die Gegenwart, du bist das Jetzt und willst gerade zu mir. Komm, ich mach uns Tee, wir haben einander so viel zu erzählen.“
„Und du, du bist die Vergangenheit, nicht wahr?“
„Ja, so nennt man mich und er…..“
„Ist unsere Zukunft!“
„So ist es und darum muss er fort, er muss es immer, aber Gott-sei-Dank hatte er uns. Wir haben ihn eben gut vorbereitet auf alles was da kommen mag.“
„Aber er kommt zurück!“
„Ja, auch das muss er, schließlich wird er zu dir so wie du zu mir wirst und er muss sein neues Zimmer beziehen. Und er bringt immer jemand Neuen mit, wie gesagt.“
„Der unsere neue Zukunft wird!“
„Du sagst es, ich hoffe nur diesmal ist es nicht so ein Grobian, wie den, den du mitgebracht hast als du er warst. Ich habe gehört, was er über mich sagte und den Schlüssel.“
„Der Schlüssel, das hab ich ganz vergessen. Er hat ihn gar nicht stecken lassen. Er hat ihn wohl doch mitgenommen!“
„Ja und er vergisst auch immer, dass nur er ihn in der Hand halten darf. Schließlich ist er es ja auch, der entscheidet was er damit aufschließt und zu welcher seiner Zukünfte er ihn mitnehmen wird.“
„Schau, die Türe. Sie geht schon langsam wieder auf!“
„Ja, Zeit für dich und auch für mich.“
„Für dich? Bleibst du nicht hier bei mir?“
„Doch, aber bald muss ich durch meine eigene Türe da hinten, schau.“
„Noch ein Zimmer?“
„Viele Zimmer! Manche sind auch noch bewohnt, andere nicht mehr, vergessen und verstaubt sind sie dann. Keiner will da mehr hin. Aber vorerst bleib ich ja noch hier, wie versprochen und wir werden viel Zeit miteinander verbringen, bevor ich gehe.“
„Sie kommen zurück! Die Türe ist jetzt offen. Ich bin neugierig, wen er mitgebracht hat.“
„Ja, ich auch. Schnell, nimm den Karton und stell ihn an die Schwelle, er wird ihn brauchen, so wie damals du und, ein kleiner Tip noch! Starr den Neuen nicht so an. Die meisten mögen das nicht.“
„Na toll, das sind ja schöne Aussichten!“
„So hab ich es auch in der Anzeige beschrieben.“
„Drei Zimmer mit schöner Aussicht!“
„Ja, Eine in die Vergangenheit. Eine in die Zukunft und eine ins Jetzt.“
„Und eine in uns selbst. Das ist sehr günstig.“
„Aber niemals billig!“
„Und der Vermieter?“
„Ach, das ist eine andere Geschichte. Tee?“
„Ja, mit Milch, bitte“
„Ich weiß!“